Wie wir auf einen Stressor reagieren, ist ein hochgradig komplexer Vorgang. Es findet eine schnelle Informationsweitergabe im Nervensystem statt und es folgt eine hohe Ausschüttung von verschiedenen Stresshormonen, wie z. B. Adrenalin, Noradrenalin, Kortisol, aber auch Serotonin, Dopamin und körpereigenen Opiaten, wenn die Stressreaktion länger anhält. Die Stressreaktion hat eine Anpassungs- und Schutzfunktion. Sie ist sehr nützlich, da sie die Energie für schnelles Handeln bei einer Herausforderung bereitstellt. Außerdem benötigen wir eine gewisse Form von Stress um angeregt und gefordert zu sein, damit wir uns weiterentwickeln können.
In der Stressreaktion, die auch „Flucht oder Angriff“ genannt wird, läuft der Organismus auf Hochtouren. Dieses Stressprogramm des Körpers ist auch morgens für das Aufstehen wichtig, damit die Organe nach der Ruhephase wieder in Aktion kommen. Der Kortisol Spiegel eines gesunden Menschen ist morgens am höchsten, damit wir den Tag aktiv beginnen können. Stress kann aber auch gesundheitsschädigend sein.
Die Stressreaktion läuft auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig und automatisch ab
- Körperebene
Hier wird eine Anpassungsreaktion in Gang gesetzt, eine erhöhte Hormonausschüttung (Adrenalin, Noradrenalin, Kortisol, etc.) findet statt, die den Körper in die Flucht- oder Kampfbereitschaft versetzt. Man bemerkt es u.a. am erhöhten Blutdruck, beschleunigten Herzschlag, erhöhten Muskeltonus und eine herabgesetzte Verdauung. - Gedankliche Ebene
Schnelles, oft angstbesetztes Denken setzt ein, stressverschärfende Gedanken, Gedankenleere oder Denkblockaden. - Emotionale Ebene
Gefühle der Hilflosigkeit, Wut, Angst oder innere Unruhe, die uns nicht selten lähmen und das Stresserleben verstärken. Aber auch Gefühle des „Highseins“, die durch die Geschäftigkeit im Stress und die damit verbundene Adrenalinausschüttung entstehen können. - Verhaltensebene
schnelles sprechen, Hyperaktivität, mehr essen, viel Kaffee trinken, exzessive sportliche Betätigung.
Die einzelnen Ebenen können sich noch gegenseitig verstärken, wenn wir uns dessen nicht bewusst sind. Wenn wir Angst haben und dann den trockenen Mund oder das Herzrasen spüren, kann sich die Angst verstärken. Wird die Angst stärker, wirkt sich das auf unsere Gedanken aus, in negative Denkschleifen und manchmal in Katastrophenvorstellungen. An dieser Stelle laufen wir Gefahr, in den Stresskreislauf zu geraten, der durch negative Gedanken angefeuert wird, die wiederum Gefühle wie Angst, Wut oder Hilflosigkeit hervorrufen und verstärken. Auf diese Weise werden die negativen Gedanken bestätigt. Gleichzeitig wirken sich die Gefühle in Verbindung mit den Gedanken negativ auf den Hormonhaushalt im Blut, das Nervensystem und langfristig auf die Funktionsfähigkeit unseres Immunsystems aus.
Dies ist ein Moment, in dem achtsames Wahrnehmen der gegenwärtigen Erfahrung hilfreich ist. Durch achtsames Beobachten unserer Reaktion werden wir uns der Gedanken und Gefühle immer mehr bewusst. Dies hilft uns, uns nicht auf sie einzulassen, und so entziehen wir dem Stresskreislauf den Boden. Hier wird klar, wie wichtig Achtsamkeitstraining ist, bei dem wir lernen, Gedanken als geistige Ereignisse einfach nur zu beobachten und nicht auf ihren Inhalt einzusteigen.
Nach und nach kommen wir durch die kontinuierliche Übung des Gedankenbeobachtens in die Lage, uns zu entscheiden, ob wir einem Gedanken Glauben schenken und ihn leben wollen oder nicht. Wir werden nicht mehr automatisch von unseren (negativen) Gedanken bestimmt.